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Von Windrändern bis zu Lobbyismus 

20. Juli 2023

Für die Schüler der 11. Jahrgangsstufe am Robert-Schuman-Gymnasium hatte sich die Bundestagsabgeordnete Tina Winklmann am Dienstag eine Lücke im vollen Terminplan frei geschaufelt. „Ihr dürft mich alles fragen: EU, Bundestag, Parteipolitik.“ Mit diesen Worten wandte sie sich Tina Winklmann an die Zuhörer, die dieses Angebot gern annahmen. Heiß waren nicht nur die Temperaturen, sondern auch so manche Diskussionen. „Wie optimistisch sind Sie, dass die Bundesregierung die Legislaturperiode zu Ende macht?“ war gleich die erste Frage. Darauf betonte die Parlamentarierin, dass die Ampelkoalition in dieser kurzen Zeit bisher 147 Gesetze verabschiedet hat. Das sei nicht zu schaffen, wenn es nicht funktionieren würde. „Klar wäre es wesentlich ruhiger, wenn die Regierung Bestehendes nur verwalten würde. Aber das wollen wir nicht. Wir möchten Deutschland gestalten und voranbringen. Über ein Auseinandergehen wird bei uns in der Koalition nicht gesprochen, auch wenn es nach außen so suggeriert wird.“ Ein Schüler hielt Winklmann die aktuellen Umfragewerte der drei Regierungsparteien vor Augen. Dazu entgegnete sie, dass die Umfragewerte immer schlechter seien als das Wahlergebnis. „Ich würde abwarten bis zum Wahltag. Die Umfragewerte zur AFD müssen wir aber kritisch hinterfragen.“  Es sei wichtig, sich mit dem Wahlprogramm der AFD zu beschäftigen. Diese würde die Abschaffung der EU anstreben. „Die EU aber ist eine der besten politischen Ideen, die wir je hatten. Wir profitieren alle von Europa.“  Ein Gymnasiast fragte nach Verbesserungen für den Nahverkehr angesichts der Schwierigkeiten auf dem Land. Hier verwies die Politikerin auf ein kommunales Infrastrukturpaket, gab aber auch zu: „Du wirst bei uns sehr, sehr lange ein Auto brauchen. Vielleicht kommen wir aber weg vom Zweitwagen oder - auf dem Land häufiger üblich - vom Drittwagen.“ Sie stehe für mehr Busverbindungen vor allem auch abends. „BAXI und Co können nur ein Übergang sein.“ Als aus den Reihen bemängelt wurde, dass Windräder fehlen, stimmte sie zu. „Wir sind ganz hintendran.“ Der Bau von Windenergieanlagen wäre systematisch blockiert worden. „Wir wollen den Wind, wo’s funktioniert. Mit dem Wind-an-Land-Gesetz tut sich was, auch im Landkreis Cham.“ Als der Umgang mit dem geplanten Containerdorf für Flüchtlinge in Weiding zur Sprache kam, bekräftigte sie, wie wichtig es sei, dass Flüchtlinge beschäftigt werden. Sie verwies auf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. „Wir haben ein anständiges Gesetz, dass diese Menschen nach ihrer Begabung Arbeit finden.“ Gerade die Eingliederung in den Arbeitsmarkt sei das beste Mittel zur Integration. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei es nun nicht mehr möglich, dass junge Menschen von der Werkbank weg abgeschoben werden. Nachdem ein Schüler das Ausmaß des Lobbyismus beklagt hatte, erklärte Winklmann, wie die Regierung mit dem Lobbyregister den Auswüchsen des Lobbyismus Einhalt geboten hätte. Nun müssen sich Lobbyisten anmelden und können nicht mehr frei im Bundestag herumspazieren und ungefragt an Abgeordnete herantreten. Als sie 2021 in den Bundestag einzog, sei ihr das besonders unangenehm aufgefallen. Sie seien schon wegen des Lobbyregisters beschimpft worden. „Das zeigt, dass es richtig war. Nicht der Lobbyist macht die Politik, wir erhalten den Auftrag von den Menschen.“ Winklmann ist seit 2021 im Bundestag tätig. Davor war sie in Parteigremien der Grünen. Sie sieht sich vor allem als Vertreterin von Menschen mit Ausbildungsberufen und wünscht sich eine bessere Abbildung der Gesamtbevölkerung im Bundestag. „Wir haben zu wenige Landwirte, zu wenige People of Color und zu wenige Frauen im Bundestag.“ Hier richtete sie sich an die Schüler: „Du kannst Dich auch fragen, was kannst Du einbringen? Das kannst nur du. Ein anderer kann das nicht einbringen.“ 

Text und Bilder: Michaela Stahl 

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